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Viel über das Stilfser Joch zu schreiben würde bedeuten, Eulen nach Athen zu tragen. Jeder Alpen- und Radsportfreund kennt es und weiß um die Größe dieses Passes: Dritthöchster Alpenpass (nur Iseran und Bonette sind höher), dazu besitzt die Ostanfahrt mit ihren durchnummerierten 48 Kehren bereits Kultstatus.
So war es nur eine Frage der Zeit, dass ich mich entschloss, das Stilfser Joch per Rad zu bezwingen. Zwei Mitstreiter konnte ich auch finden: Ronald, der schon in Savoyen seine Kletterqualitäten unter Beweis stellen konnte, und Heiko, der zwar schon massenweise Pässe mit dem Motorrad, aber noch keinen mit dem Fahrrad überquert hatte.
Einquartiert hatten wir uns in Prad im Gasthof Stern, einem Lokal mit überaus freundlichem Personal, einem schönen Biergarten und spitze Steinofenpizza.
Wir wollten das Stilfser Joch innerhalb eines Rundkurses fahren und über den Umbrailpass, mit Abstecher in die Schweiz, wieder nach unten. Das Wetter war spitze, deshalb starteten wir wegen der angekündigten hohen Temperaturen (und dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen) schon recht früh.
In Prad selbst und auf den ersten Kilometern fuhren wir meist im Schatten, es war angenehm kühl und die Straße mit maximal 6 % nicht sonderlich steil. Bald konnten wir einen ersten Blick auf die Gletscher des Ortlers erhaschen.
Dann aber wurde es steiler. In unzähligen Kehren begann die Straße sich nach oben zu schrauben. Der untere Teil der Kehrenstrecke liegt noch im Wald und ist daher kaum einzusehen.
Bei Kehre 27 gönnten wir uns eine kurze Trink- und Esspause.
Dann fuhren wir aus dem Wald hinaus und uns öffnete sich der gigantische Blick auf den abschließenden Steilhang, wo mit 20 Serpentinen auf 6 Kilometern nochmals 600 Höhenmeter gewonnen werden.
Blick auf den Steilhang (in der Mitte die Passhöhe); man betrachte auch
den Himmel! Links sieht man übrigens das Hotel Franzenshöhe, dessen
einer Trakt zwei Tage vorher einem Feuer zum Opfer fiel.
Das bedeutet nichts anderes als knapp 10 Prozent Durchschnittssteigung. Die Sonne schien und der Schweiß floss in Strömen. Wir versuchten, die Kehren ganz außen anzufahren, denn aufgrund der Straßenkonstruktion fährt man dann immer ein wenig bergab und kann so Schwung für die nächste Steigungsstrecke holen.
Doch wir schafften auch dieses spektakuläre Schlussstück, ohne uns vollends zu verausgaben.
Von oben bot sich ein überwältigender Anblick.
Lediglich der Trubel auf der Passhöhe war nervig. Sogar ein Hotel gibt es hier oben, wo 8 Monate lang Wintersperre herrscht. Trotzdem hielten wir uns hier einige Zeit auf, denn es war angenehm warm und fast windstill.
Heiko, Ronald und ich auf dem Stilfser Joch
Auch unsere Abfahrtsstrecke über den Umbrailpass konnten wir erkennen.
Dessen beschauliche Passhöhe ist nicht nur wegen des bescheidenen Schildes kein Vergleich zum Stilfser Joch, obwohl der Umbrail der höchste Schweizer Straßenübergang ist. Nichts war los, auch keine Passkontrollen am verlassen wirkenden Grenzübergang.
Serpentinenreich gings dann nach unten. Leider war das Mittelstück der Strecke nicht befestigt und hatte teilweise den Charakter eines Waldwirtschaftsweges.
Nach der Brücke (Bildmitte) fängt die Schotterpiste an
Weiter unten gabs aber wieder Teer unter unseren Rädern; im Gegensatz zu oben hat mir die Strecke hier gefallen und bot zeitweise tolle Ausblicke ins Tal. Lediglich die eng aufeinanderfolgenden, teils recht steilen Kehren erorderten viel Konzentration und Kraftaufwand beim Bremsen.
Auch fand ich Muße, Ronald bei der Abfahrt zu fotografieren.
In Santa Maria war dann die eigentliche Abfahrt zu Ende. Nach Müstair passierten wir wieder die Grenze, und über Taufers gings auf weiter abfallender Straße runter nach Glurns. Die restlichen 7 flachen Kilometer nach Prad waren dann ein Kinderspiel. Dort gönnten wir uns im Biergarten unserer Unterkunft gleich das verdiente Weißbier.
Auf jeden Fall hat das Stilfser Joch gehalten, was ich mir von ihm versprochen hatte. Lang (26 Kilometer), nicht zu steil, keine Rampen, daher gut zu fahren, wenn man erstmal seinen Rhythmus gefunden hat. Und von großer landschaftlicher Schönheit, denn man hat eigentlich immer den Ortler im Blickfeld. Und weil sich auch der Straßenverkehr in Grenzen hielt, wurde diese Tour zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Auch meine zweite Fahrt hoch zum Stilfser Joch im Jahr 2010 war eindrucksvoll. Hier findest du den Bericht.
Höhenprofil der Tour
Dieses Profil wurde mit dem Rennrad-Tourenplaner von www.quaeldich.de erzeugt.
Höhenprofil Stilfser Joch
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