Torri di Fraele (1941 m) / Passo Foscagno (2291 m)
Der Passo Foscagno verbindet - sozusagen als "Pässe-Duo" mit dem Passo d'Eira (2210 m) die Stadt Bormio mit dem Zollausschlussgebiet Livigno. Direkt an der Strecke liegt, bei der Ortschaft Isolaccioa, rechter Hand eine spektakuläre, kehrenreiche Auffahrt hoch zu den Stauseen Lago di Cancano und Lago di Giacomo. Nicht zuletzt, weil dieser Anstieg zum Hochpunkt Torri di Fraele beim Giro 2020 als Schlussanstieg der Stilfser-Joch-Etappe gefahren wird (gefahren werden soll?), wollte ich ebenfalls mit dem Rad dort hinauf. Ich sollte es nicht bereuen.
Zuerst aber hieß es von Schlanders aus 60 Kilometer mit dem Auto zurückzulegen und das Stilfser Joch in der Vormittagssonne zu passieren.
Die oberen Kehren des Stilfserjochs in der Vormittagssonne
Ich parkte direkt am Beginn des Anstiegs, was nicht unbedingt eine kluge Entscheidung war. Der erste Kilometer führt nämlich einen Wiesenhang mit Steigungsprozenten weit jenseits der 10 % nach oben (was gleich für dicke Beine sorgte) ins Dorf Pedenosso. Von dort aus wird es flacher, und die Vorfreude auf 17 Kehren wuchs stetig.
Mit Wohlwollen nahm ich zur Kenntnis, dass vor Beginn der Kehrenstrecke eine provisorische Mautdstation der motorisierten Welt einen Obolus von 5 € abknöpfte. Mit dem Rad gehts aber selbstverständlich umsonst, und ich kam - mit vielen anderen, die hier hochstrampelten - zu einem großartigen Erlebnis.
Die Torri (Türme) de Fraele von unten
Da die Straße einst für Lastwagen, die Material zu den Baustellen der Stauseen brachten, gebaut wurde, hält sich die Steigung immer so bei 6 %. Das macht flüssiges Hochfahren leicht, und im Verein mit dem schönen Wetter und natürlich den vielen Kehren (insgesamt 17) war des ein Genuss ohnegleichen, der leider viel zu schnell vorbei war. Der gesamte Anstieg ist nämlich gerade mal 9 Kilometer lang.
Von oben gabs atemberaubende Ausblicke auf die zurückgelegte Route und die umgebende Bergwelt.
Unmittelbar davor
Blick zurück auf die 17 Kehren
Selbstverständlich fuhr ich noch 2 Kilometer weiter zum Lago di Cancano. Dort war Schluss mit der Asphaltstraße.
Stausee Lago di Cancano
Nachdem ich an meinen Ausgangspunkt zurückgegehrt war, nahm ich den Passo Foscagno in Angriff. Knapp 2300 m Höhe sind schon eine Ansage, aber da ich mich schon auf knapp 1400 Metern befand, relativiert sich diese Angabe etwas.
Wäre der Foscagno ein Schüler, würde die Zeugnisbemerkung den Satz enthalten: "Der Schüler war durch sein ausgeglichenes Wesen ein Gewinn für die Klassengemeinschaft". Also: Sagt nix, macht nix, stört nicht. Ist halt da. Der Foscagno wird gern als "gleichmäßig ansteigender Pass", der in eine "liebliche, alpine Bergwelt führt". Ich charakterisiere ihn mit 3 Worten: Er zieht sich. 17 Kilometer, immer mit 6 bis 7 % (manchmal kurz darunter), auf vielbefahrener Straße (wegen Livigno), nur 3 Kehren. Erst oben wirds interessanter (einige Tunnel und Galerien), aber mittlerweile einsetzender Regen hatte mit den Spaß ohnehin genommen. Zudem kam die "Rache" des steilen Anfangsteils hoch zu den Torri di Fraele: Dicke Oberschenkel.
Blick zurück ins Valdidentro
Ziel erreicht - im Regen
Den Passo d'Eira, der nur noch 7 Kilometer entfernt war, ließ ich wegen der aich auftürmenden Gewiotterwolken sausen.
Weiter würde es zum Passo d'Eira gehen - lieber nicht!
Dafür war die Abfahrt toll. Wenig Kurven, guter Belag, dazu war weiter unten die Straße mittlerweile wieder trocken, sodass ich es schön laufen lassen konnte. In Isolaccia spürte ich die Vorfreude auf den Giro d'Italia.
Vorfreude auf den Giro d'Italia
Insgesamt eine schöne Tour mit knapp 55 Kilometern und 1600 Höhenmetern. Die Auffahrt zu den Torri di Fraele ist ein regelrechter Leckerbissen.